• Rundbrief 7/2022

    Detmold, den 25.07.2022

    Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder, liebe Freunde,

    der Vorstand der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Lippe e.V. hat eine Stellungnahme zum Streit um die Hofsynagoge in der Bruchmauerstraße 37 in Detmold verfasst. 

     

    Stellungnahme des Vorstandes der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Lippe e.V. zum Streit um die Hofsynagoge in der Bruchmauerstraße 37 in Detmold

    Schon seit einiger Zeit verfolgen wir mit großer Besorgnis und Ärger den Streit um die Hofsynagoge in der Bruchmauerstraße 37 in Detmold.

    Es ist erstaunlich und ein Glücksfall, dass dieses einzigartige, historisch äußerst wertvolle Zeugnis jüdischer Geschichte unserer Stadt Detmold bis heute stand gehalten hat. Die Errichtung des Kerngerüstes wurde auf das Jahr 1633 datiert. Und nicht nur für unsere Stadtgeschichte ist die Synagoge von hoher Bedeutung: Sie gilt als frühester Beleg für den Typ einer freistehenden Synagoge in Nordwestdeutschland. Es handelt sich um ein einzigartiges Zeugnis jüdischer Geschichte. In ganz Norddeutschland sind lediglich zwei frühneuzeitliche Hofsynagogen erhalten. Der heutige Besitzer möchte das Gebäude abreißen lassen und einen Parkplatz auf dem Grundstück errichten. Ein Bemühen um den Erhalt des jüdischen Bethauses ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil: Fotografien der letzten Jahre zeigen, dass die Synagoge immer mehr zerfällt und es scheint nur eine Frage der Zeit, dass dieses so bedeutende Gebäude bald nicht mehr existieren wird. Ein solcher Verlust ist unbeschreiblich.

    In Stadtrundgängen und in der neuesten Auflage ihres Buches "Auf jüdischen Spuren. Ein Stadtrundgang durch Detmold" weist Gudrun Mitschke-Buchholz auf den historischen Wert und den Hintergrund der frühneuzeitlichen Synagoge hin. Darauf basierend entstand ein Stadtrundgang in digitaler Form sowie eine Ausstellung gegenüber der Hofsynagoge an der Bruchmauer, erstellt von der Israel-AG des Grabbe-Gymnasiums unter Leitung von Dr. Oliver Arnhold und Elisabeth Hecker.
    Der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Herford-Detmold, Prof. Matitjahu Kellig, engagiert sich im hohen Maße für den Erhalt der Synagoge: Er berichtet in diversen Beiträgen in den Medien über den hohen Stellenwert und den Skandal des Zerfalls der Synagoge. Seine Forderung: Die Hofsynagoge soll restauriert werden und es soll z.B. ein Museum zur jüdischen Geschichte in Detmold entstehen - ein Ort der Begegnung und des Dialoges.
    Die hohe Bedeutung dieses Zeugnisses frühneuzeitlicher jüdischer Spuren in Detmold wurde zudem in den letzten Wochen in unterschiedlichen Medien deutschlandweit verbreitet.

    Neben der Hofsynagoge gibt es in unmittelbarer Umgebung zwei weitere erwähnenswerte Zeugnisse frühneuzeitlicher jüdischer Geschichte in Detmold: (1) Eine Mikwe, ein jüdisches Tauchbad zur rituellen Reinigung, die sich unter der Straße ungefähr auf der Freiligrathstraße 2 befindet. Lediglich eine kleine Hinweistafel weist auf deren Existenz unter der Erde hin. (2) Das Geburtshaus von Leopold Zunz, das in der Krummen Straße stand und 1909 abgerissen wurde. Eine Gedenktafel erinnert an ihn, der ein wichtiger Reformer des Judentums war. Dies einbezogen, lässt sich ein kleines frühneuzeitliches jüdisches Viertel in Detmold um die Bruchmauerstraße vermuten. Ein wichtiges Kapitel und damit Teil der Detmolder Stadtgeschichte.

    Leider mussten wir in Gesprächen mit Bürger*innen Detmolds häufig feststellen, dass dieser Teil der Geschichte unserer Stadt weitgehend nicht oder lediglich lückenhaft bekannt ist. Die frühneuzeitliche jüdische Geschichte Detmolds ist nicht im kollektiven Gedächtnis in Detmold verankert. Dies möchten wir ändern.

    Wir fordern daher die Sichtbarmachung jüdischer Spuren in Detmold, den Erhalt dieser Spuren, diese einzubringen in die Gedenkkultur der Stadt und damit ins kollektive Gedächtnis. Eine Mikwe, die unter der Erde vergraben ist, ein berühmter jüdischer Reformer, der in Detmold weitestgehend unbekannt ist und eine frühneuzeitliche Hofsynagoge, die ihrem Zerfall überlassen wird, sind ein Skandal und lassen ein nicht berechtigtes Licht auf die Detmolder Gedenk- und Erinnerungskultur werfen. Es erscheint, dass die frühneuzeitliche jüdische Geschichte der Stadt verborgen wird. Wir, die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, wissen, dass dem nicht so ist. Durch unsere stets gute Zusammenarbeit u.a. mit der Stadt und den Archiven wissen wir, dass die Aufarbeitung und das Gedenken und Erinnern jüdischer Spuren in Detmold eine uns gemeinsame Herzensangelegenheit ist.

    Gemeinsam sollten wir - und damit meinen wir nicht nur die Institutionen, Vereine und Organisationen, sondern jede/n einzelne/n Bürger*in Detmolds - uns für den Erhalt, die Sichtbarmachung und die Verbreitung an die Öffentlichkeit dieser jüdischen Spuren in Detmold einsetzen. Wir sollten diese Spuren jüdischen Lebens als das wertschätzen, was sie sind: ein ganz besonderes Kulturgut und ein wertvoller Teil unserer Stadtgeschichte. Wir sollten uns bewusst sein, dass es ein Glücksfall ist, dass die Hofsynagoge und die Mikwe all die Jahre erhalten geblieben sind und uns dafür einsetzen, dass der Erhalt auch in den nächsten 100 Jahren gegeben sein wird. Wir als Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit befürworten jegliche rechtlich-legitimen Bemühungen, die Synagoge zu erhalten.

    Außerdem fordern wir Herrn Schnelle dazu auf, die Hofsynagoge an die Stadt zu verkaufen, so dass eine angemessene Restaurierung und Nutzung in dem von Herrn Prof. Kellig beschriebenen Sinne möglich sein wird.

    Wenn Sie unsere Gedanken teilen, möchten wir Sie dazu aufrufen, dies mit Ihrer Unterschrift zu verdeutlichen. Eine Liste liegt im Büro der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit im Haus Münsterberg. Das Büro ist immer montags und donnerstags von 14-16 Uhr besetzt. Sollte es Ihnen in diesem Zeitraum nicht möglich sein, ins Haus Münsterberg zu kommen, rufen Sie uns an (05231-29758) oder schreiben SIe uns eine Mail (GfCJZ-Lippe@t-online.de).
    Außerdem planen wir derzeit eine Mahnwache vor der Hofsynagoge. Sobald die Vorbereitungen abgeschlossen sind, werden wir Sie über Treffpunkt und Zeit der Demonstration informieren.

    Wir alle hoffen, dass der Streit um die Synagoge in naher Zukunft ein Ende haben wird und wir eine Lösung finden werden. Setzen wir uns gemeinsam für den Erhalt der Hofsynagoge und Spuren jüdischen Lebens in der Detmolder Stadtgeschichte ein!

    Für Sie alle herzliche Grüße - im Namen des gesamten Vorstandes

    Kristina Panchyrz

     

  • Circular 7/2022

    Detmold, 25.07.2022

    Dear ladies and gentlemen, dear members, dear friends,

    the board of the Society for Christian-Jewish Cooperation in Lippe e.V. has written a statement on the dispute about the courtyard synagogue in Bruchmauerstraße 37 in Detmold. 

     

    Statement of the Board of the Society for Christian-Jewish Cooperation in Lippe e.V. on the dispute about the courtyard synagogue at Bruchmauerstraße 37 in Detmold

    For some time now, we have been following the dispute about the courtyard synagogue at Bruchmauerstraße 37 in Detmold with great concern and anger.

    It is amazing and a stroke of luck that this unique, historically extremely valuable testimony to Jewish history of our city of Detmold has held up until today. The erection of the core structure has been dated to the year 1633. And the synagogue is not only of great importance for our city's history: it is considered the earliest evidence of the type of freestanding synagogue in northwestern Germany. It is a unique testimony to Jewish history. Only two early modern courtyard synagogues survive in all of northern Germany. The current owner wants to demolish the building and build a parking lot on the property. An effort to preserve the Jewish prayer house is not evident. On the contrary, photographs taken in recent years show that the synagogue is falling more and more into disrepair and it seems only a matter of time that this so important building will soon cease to exist. Such a loss is indescribable.

    In city walks and in the latest edition of her book "Auf jüdischen Spuren. Ein Stadtrundgang durch Detmold" Gudrun Mitschke-Buchholz points out the historical value and background of the early modern synagogue. Based on this, a city tour in digital form and an exhibition opposite the courtyard synagogue at the Bruchmauer were created by the Israel-AG of the Grabbe-Gymnasium under the direction of Dr. Oliver Arnhold and Elisabeth Hecker.
    The chairman of the Jewish community of Herford-Detmold, Prof. Matitjahu Kellig, is highly committed to the preservation of the synagogue: He reports in various articles in the media about the high importance and the scandal of the decay of the synagogue. His demand: The courtyard synagogue should be restored and there should be e.g. a museum to the Jewish history in Detmold - a place of meeting and dialogue.
    The high significance of this testimony of early modern Jewish traces in Detmold has been spread besides in the last weeks in different media all over Germany.

    In addition to the courtyard synagogue, there are two other notable testimonies of early modern Jewish history in Detmold in the immediate vicinity: (1) A mikvah, a Jewish immersion bath for ritual purification, located under the street approximately on Freiligrathstraße 2. Only a small plaque indicates its existence underground. (2) The house where Leopold Zunz was born, which stood in Krummen Street and was demolished in 1909. A plaque commemorates him, who was an important reformer of Judaism. Including this, a small early modern Jewish quarter in Detmold can be assumed around Bruchmauerstraße. An important chapter and thus part of Detmold's city history.

    Unfortunately, in conversations with citizens of Detmold, we often had to realize that this part of the history of our city is largely unknown or only incompletely known. The early modern Jewish history of Detmold is not anchored in the collective memory in Detmold. We would like to change this.

    We therefore demand the visualization of Jewish traces in Detmold, the preservation of these traces, to bring them into the commemorative culture of the city and thus into the collective memory. A mikvah buried under the ground, a famous Jewish reformer who is largely unknown in Detmold and an early modern courtyard synagogue left to its decay are a scandal and cast an unjustified light on Detmold's culture of commemoration and remembrance. It appears that the city's early modern Jewish history is being hidden. We, the Society for Christian-Jewish Cooperation, know that this is not so. Through our always good cooperation with, among others, the city and the archives, we know that the reappraisal and the commemoration and remembering of Jewish traces in Detmold is a matter of the heart common to us.

    Together we - and by this we mean not only the institutions, associations and organizations, but every single citizen of Detmold - should work for the preservation, the visualization and the dissemination to the public of these Jewish traces in Detmold. We should value these traces of Jewish life for what they are: a very special cultural asset and a valuable part of our city's history. We should be aware that it is a stroke of luck that the courtyard synagogue and the mikvah have been preserved all these years and we should work to ensure that they will be preserved in the next 100 years as well. We as the Society for Christian-Jewish Cooperation support any legal-legitimate efforts to preserve the synagogue.

    Furthermore, we call on Mr. Schnelle to sell the courtyard synagoge to the city so that an appropriate restoration and use in the sense described by Prof. Kellig will be possible.

    If you share our thoughts, we would like to call on you to make this clear with your signature. A list is available in the office of the Society for Christian-Jewish Cooperation in Haus Münsterberg. The office is always open on Mondays and Thursdays from 2 to 4 pm. If it is not possible for you to come to Haus Münsterberg during this time, please call us (05231-29758) or write us an email (GfCJZ-Lippe@t-online.de).
    We are also currently planning a vigil in front of the courtyard synagoge. As soon as the preparations are completed, we will inform you about the meeting place and time of the demonstration.

    We all hope that the dispute about the synagogue will come to an end in the near future and that we will find a solution. Let us work together for the preservation of the courtyard synagogue and traces of Jewish life in the history of Detmold!

    For you all warm greetings - in the name of the entire Executive Board

    Kristina Panchyrz

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