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Rundbrief 4/2024
Detmold, den 03. Juni 2024
Liebe Mitglieder, liebe Freund:innen,
wir laden Sie herzlich zu unseren Veranstaltungen im Juni ein:
Donnerstag, 13. Juni 2024 um 19:00 Uhr und Donnerstag, 04. Juli 2024 um 19:00 Uhr
Spectaculum de Defectum
Straßentheater für den Erhalt der Hofsynagoge
Das bedeutende Baudenkmal und Zeugnis jüdischen Lebens in der Innenstadt von Detmold verfällt zunehmend und wird zum Anlass menschenverachtender Provokationen.
Das Theaterlabor erzählt die Geschichte des Gebäudes in der Straßentheaterproduktion: Spectaculum de Defectum - dargeboten von einer talentierten Truppe gemeiner Nagekäfer -
Wir nagen, wir nagen, wir stellen keine Fragen
wir nagen und jedes Holz wird weich
Alles was entsteht, zugrunde geht
wir machen's gleich
wir sind die scharfen Zähne im Auftrag der Zeit
wir sind der Zahn der Zeit
Das Theaterlabor bohrt sich in dieser Straßentheaterproduktion tief in das Innere der tragenden Balken unserer Gesellschaft: Eine talentierte Truppe gemeiner Nagekäfer hat den idealen Lebensraum gefunden: ein verstecktes Gebäude, von den Menschen seit vielen Jahrhunderten ungeliebt, fast unsichtbar und vom Verfall bedroht - es kann also aufs Vorzüglichste und in aller Ruhe seit Generationen vernagt werden. Nebenbei gehen die Holzwürmer ihren Talenten, Leidenschaften und philosophischen Fragen nach Leben und Tod nach. Doch die Zeiten ändern sich und unsere Helden bekommen jede Menge Probleme: Es wird bekannt, dass es sich bei dem verfallenen Häuschen um ein Bauwerk handelt, an dem öffentliches Interesse besteht. Eine Sanierung und damit der Rauswurf stehen unmittelbar bevor, und zu allem Unglück tritt jetzt auch noch der neue Besitzer auf den Plan, denn der will das Haus abreißen und schöne Parkplätze bauen! Die Denkmalschutzbehörde taucht auf, das Justizsystem und die Zivilgesellschaft stehen buchstäblich auf der Matte und die schöne Ruhe ist dahin. Als wäre das alles nicht schon schlimm genug, spielt auch die Zeit nicht mehr auf der Seite unserer Helden und lässt das Gebäude immer mehr verfallen... ein einziger großer Sturm und die Trennung der Gruppe wäre nicht mehr zu verhindern. Was unterhaltsam und fröhlich-anarchisch daherkommt, hat leider einen allzu realen Hintergrund:
In der Detmolder Innenstadt steht ein kleines, denkmalgeschütztes Gebäude, das von der Stadtverwaltung lange Jahre als Gartenhaus angesehen wurde; durch umfassende Forschung ist nun seit einigen Jahren bekannt, dass es sich bei dem verfallenen Häuschen um ein jüdisches Bethaus aus dem Jahr 1633 handelt und somit um ein stadtgeschichtlich bedeutendes Bauwerk, das im besten Fall einer angemessenen und sinnvollen Nutzung zugeführt werden sollte. Die Vorgänge rund um die Entdeckung, weitere Entwicklung und Nutzung des Gebäudes waren Anlass und Inspiration für die Arbeit an "Spectaculum de defectum". Das Thema ist von überregionaler Bedeutung: Der aktuelle Besitzer des Gebäudes - ein bekannter Strafverteidiger der rechten Szene (z.B. eines Brieffreunds von Beate Zschäpe) und selbst wegen Volksverhetzung verurteilt - will das Haus abreißen und Parkplätze bauen und sich notfalls durch alle Instanzen klagen. Die lokale und überregionale Presse berichten, Politiker aller Ebenen sind involviert, der öffentliche Diskurs ist teilweise bissig, engagierte jüdische Bürger werden bedroht. Verwaltung, Politik und Zivilgesellschaft ringen mit Vorschriften, Gerichtsurteilen, Reflexen und Gefühlen, während das Gebäude immer weiter verfällt und zusammen zu stürzen droht; die Sache ist verfahren.
Wir danken den vielen Helfer*innen, die die Aufführung des Stückes ermöglichen!
Die Aufführungen finden in Kooperation mit der jüdischen Gemeinde Herford-Detmold, dem Kuratorium Erinnern Forschen Gedenken e.V. / Gedenkstätte Zellentrakt in Herford, der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Lippe e.V. und der Lippischen Landeskirche Detmold statt.
Gefördert durch die Antisemitismusbeauftragte des Landes NRW.13.6.: Detmold, Marktplatz - 4.7.: Herford, Rathausplatz
Mittwoch, 19. Juni 2024 um 16:00 Uhr
"Was alle Israelis eint: Sie sind traumatisiert."
Ein Gespräch mit Renate Zimmermann-Grob über ihren Besuch in Israel im April 2024
Renate Zimmermann-Grob ist Lehrerin an der Karla-Raveh-Gesamtschule in Lemgo. Sie leitet mit einem Team den israelisch-deutschen Schüleraustausch mit der Mor High School Maccabim Reut Modi'in. Vom 9. bis 14. April 2024 besuchte sie ihre Kolleg:innen und Freund:innen in Israel. Über ihre Erlebnisse, Eindrücke und Gespräche vor Ort wird sie berichten und mit uns ins Gespräch kommen.
Haus Münsterberg, Hornsche Straße 38, Detmold
Außerdem leiten wir gerne den Aufruf des Blomberger Bündnisses und des Detmolder Bündnisses für Demokratie, Vielfalt und Menschenrechte weiter, dem wir auch folgen werden:
Mittwoch, 05. Juni 2024 um 8:30 Uhr
Hass und Hetze stoppen!
Für Solidarität, Vielfalt, Menschenwürde und demokratisches Engagement!
Am Mittwoch, 5. Juni 2024 um 10 Uhr findet beim Landgericht Detmold die Berufungsverhandlung gegen den extrem rechten YouTuber Tim Kellner aus Horn-Bad-Meinberg in vier Beleidigungsfällen statt. Am 4. Oktober 2023 hatte das Amtsgericht Detmold als Erstinstanz Kellner in drei Beleidigungsfällen - unter anderem gegen Nancy Faeser - zu einer Geldstrafe von 11.000 Euro verurteilt. An diesem Tag fand auf dem Kaiser-Wilhelm-Platz eine Kundgebung mit über 400 Teilnehmenden statt. Über 150 von ihnen blockierten dabei stundenlang den Eingang zum Gerichtsgebäude.
Am 5. Juni 2024 rufen nun die extrem rechten Gruppen "Bielefeld steht auf", "Kreis Paderborn steht auf", "Grundrechte Paderborn" und "Grundrechte Lippstadt" zu einer "Freiheitsdemo" für den angeklagten Tim Kellner ab 10 Uhr erneut auf dem Kaiser-Wilhelm-Platz neben dem Landgericht Detmold auf.
Das Blomberger Bündnis und das Detmolder Bündnis für Demokratie, Vielfalt und Menschenrechte laden ein, sich friedlich und kreativ dem Hass und der Hetze von rechts entgegenzustellen.
Auf der Heinrich-Drake-Straße stellen wir uns bewusst vor das Gericht, um symbolisch das Recht und vor allem die im Grundgesetz verankerten Menschenrechte gegen die Angriffe der extremen Rechten zu schützen. Auf der Bruchstraße feiern wir die Demokratie und Menschenwürde.
Weitere Informationen entnehmen Sie dem Flyer.
Gerne weisen wir auch auf eine spannende Veranstaltung in Oerlinghausen hin:
Mittwoch, 12. Juni 2024 um 18:00 Uhr
STOLPERSTEINE – SPUREN und WEGE
Gunter Demnig
VortragDer Künstler Gunter Demnig skizziert in seinem Vortrag seinen künstlerischen Werdegang von 1968 an einschließlich des Projekts STOLPERSTEINE.
Gunter Demnig studierte ab 1967 Kunstpädagogik und Industrial Design an der Hochschule für bildende Künste Berlin (HfbK) und später freie Kunst an der Universität Kassel. Gunter Demnig bezeichnet sich selbst als "Spurenleger".
Er verlegt seit 1996 Stolpersteine zur Erinnerung an Opfer aus der Zeit des Nationalsozialismus. Insbesondere soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die im Nationalsozialismus ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden.Die Stolpersteine gelten als das größte dezentrale Mahnmal der Welt.
Stadt Oerlinghausen
Saal des Bürgerhauses in Oerlinghausen (Tönsbergstraße 3)
Am Folgetag, 13. 6. 2024 9 Uhr, Verlegung der Stolpersteine. Der Rundgang zu den Orten der Verlegen startet am Rathausplatz.
Unser Mitglied Pastor i. R. Martin Hankemeier hat die für sein Buch "Zur Geschichte der Juden in Lage", erschienen in 2. Auflage 2003, angelegten und seitdem erweiterten und aktualisierten Materialsammlungen zu Hugo Rosenthal / Josef Jashuvi (1887-1980), dem bedeutenden jüdischen Reformpädagogen aus Lage und seinem Bruder Karl Rosenthal (1885-1952), dem bedeutenden liberalen Rabbiner aus Lage zur Veröffentlichung freigegeben. Wir danken Herrn Hankemeier sehr für seinen unermüdlichen Einsatz in der Erinnerungs- und Gedenkarbeit, besonders zur Bewahrung der Lebensgeschichten der Brüder Rosenthal!
Für Sie alle herzliche Grüße - im Namen des gesamten Vorstandes
Kristina Panchyrz
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Circular 4/2024 Translated by DeepL
Detmold, 03 June 2024
Dear members and friends,
we cordially invite you to our events in June:
Thursday, June 13, 2024, 19:00 and Thursday, July 04, 2024, 19:00
Spectaculum de Defectum
Street theatre for the preservation of the court synagogue
The important architectural monument and testimony to Jewish life in the centre of Detmold is increasingly falling into disrepair and becomes the cause of inhuman provocations.
The theatre laboratory tells the story of the building in the street theatre production: Spectaculum de Defectum - performed by a talented troupe of mean gnawing beetles
We gnaw, we gnaw, we ask no questions
we gnaw and every wood becomes soft
Everything that is created perishes
we do it right away
we are the sharp teeth on behalf of time
we are the ravages of time
In this street theatre production, the theatre laboratory drills deep into the interior of the load-bearing beams of our society: a talented troupe of common nail beetles has found the ideal habitat: a hidden building, unloved by humans for many centuries, almost invisible and threatened by decay - it can therefore be gnawed on exquisitely and in peace for generations. Along the way, the woodworms pursue their talents, passions and philosophical questions about life and death. But times are changing and our heroes have all kinds of problems: it becomes known that the dilapidated cottage is a building of public interest. Renovation and therefore eviction are imminent, and to make matters worse, the new owner is now on the scene because he wants to demolish the house and build beautiful car parks! The monument protection authority turns up, the judicial system and civil society are literally on the mat and the peace and quiet is gone. As if all this wasn't bad enough, time is no longer on our heroes' side and the building is falling into ever greater disrepair... one big storm and the group would be split up. What comes across as entertaining and cheerfully anarchic unfortunately has an all too real background:
There is a small, listed building in the centre of Detmold, which for many years was regarded by the city council as a garden house; as a result of extensive research, it has now been known for some years that the dilapidated little house is a Jewish prayer house from 1633 and therefore a building of significance to the city's history, which at best should be put to an appropriate and meaningful use. The events surrounding the discovery, further development and utilisation of the building were the reason and inspiration for the work on "Spectaculum de defectum". The topic is of supra-regional importance: the current owner of the building - a well-known defence lawyer in the right-wing scene (e.g. a pen pal of Beate Zschäpe) and himself convicted of incitement to hatred - wants to demolish the building and build car parks and, if necessary, sue his way through all instances. The local and national press report, politicians at all levels are involved, the public discourse is sometimes biting, committed Jewish citizens are threatened. Administration, politics and civil society wrestle with regulations, court judgements, reflexes and emotions, while the building continues to deteriorate and threatens to collapse; the matter is deadlocked.
We would like to thank the many helpers who are making the performance of the play possible!
The performances are organised in cooperation with the Jewish community of Herford-Detmold, the Kuratorium Erinnern Forschen Gedenken e.V. / Gedenkstätte Zellentrakt in Herford, the Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Lippe e.V. and the Lippische Landeskirche Detmold.
Supported by the Anti-Semitism Commissioner of the State of NRW.13.6th: Detmold, Marktplatz - 4th July: Herford, Rathausplatz
Wednesday, June 19, 2024, 16:00
"What all Israelis have in common is that they are traumatised."
An interview with Renate Zimmermann-Grob about her visit to Israel in April 2024
Renate Zimmermann-Grob is a teacher at the Karla Raveh Comprehensive School in Lemgo. Together with a team, she leads the Israeli-German student exchange programme with the Mor High School Maccabim Reut Modi'in. She visited her colleagues and friends in Israel from 9 to 14 April 2024. She will report on her experiences, impressions and conversations on site and talk to us.
House Münsterberg, Hornsche Straße 38, Detmold
We are also happy to pass on the call from the Blomberg Alliance and the Detmold Alliance for Democracy, Diversity and Human Rights, which we will also be following:
Wednesday, June 05, 2024, 8:30
Stop hate and agitation!
For solidarity, diversity, human dignity and democratic commitment!
On Wednesday, 5 June 2024 at 10 a.m., the appeal hearing against the extreme right-wing YouTuber Tim Kellner from Horn-Bad-Meinberg in four insult cases will take place at Detmold Regional Court. On 4 October 2023, the Detmold district court, as the court of first instance, sentenced Kellner to a fine of 11,000 euros in three insult cases - including against Nancy Faeser. On this day, a rally with over 400 participants took place on Kaiser-Wilhelm-Platz. Over 150 of them blocked the entrance to the court building for hours.
On 5 June 2024, the extreme right-wing groups "Bielefeld steht auf", "Kreis Paderborn steht auf", "Grundrechte Paderborn" and "Grundrechte Lippstadt" are once again calling for a "freedom demonstration" for the accused Tim Kellner on Kaiser-Wilhelm-Platz next to Detmold District Court from 10 a.m.
The Blomberg Alliance and the Detmold Alliance for Democracy, Diversity and Human Rights are inviting people to peacefully and creatively oppose hatred and agitation from the right.
On Heinrich-Drake-Straße, we will deliberately stand in front of the court to symbolically protect the law and, above all, the human rights enshrined in the Basic Law against the attacks of the extreme right. On Bruchstraße, we are celebrating democracy and human dignity.
Further information can be found in the flyer.
We would also like to draw your attention to an exciting event in Oerlinghausen:
Wednesday, June 12, 2024, 18:00
STOLPERSTEINE - TRACKS and PATHS
Gunter Demnig
LectureIn his lecture, the artist Gunter Demnig outlines his artistic career from 1968 onwards, including the project STOLPERSTEINE.
Gunter Demnig studied art education and industrial design at the Hochschule für bildende Künste Berlin (HfbK) from 1967 and later studied fine art at the University of Kassel. Gunter Demnig describes himself as a "tracker".
He has been laying Stumbling Stones in memory of victims from the National Socialist era since 1996. In particular, the aim is to commemorate the fate of people who were murdered, deported, expelled or driven to suicide under National Socialism.The Stolpersteine are considered to be the largest decentralised memorial in the world.
City of Oerlinghausen
Hall of the community centre in Oerlinghausen (Tönsbergstraße 3)
On the following day, 13 June 2024 9 a.m., laying of the Stolpersteine . The tour to the places where the stones were laid starts at Rathausplatz.
Our member Pastor (retired) Martin Hankemeier has compiled and since then expanded the information for his book "Zur Geschichte der Juden in Lage", published in the 2nd edition in 2003. The collection of material on Hugo Rosenthal / Josef Jashuvi (1887-1980), the important Jewish reform pedagogue from Lage and his brother Karl Rosenthal (1885-1952), the important liberal rabbi from Lage, which was created for his book " Zur Geschichte der Juden in Lage ", published in its second edition in 2003, and has since been expanded and updated, has been released for publication. We would like to thank Mr Hankemeier very much for his tireless commitment to the work of remembrance and commemoration, especially in preserving the life stories of the Rosenthal brothers!
Best wishes to you all - on behalf of the entire Executive Board
Kristina Panchyrz
Rundbrief 4/2024
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